Einschneidende Anforderung an die externe Teilung im Versorgungsausgleich für Betriebsrenten
Am 26. Mai 2020 entschied der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), dass die maßgebliche Vorschrift des § 17 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Jedoch dürfe bei der externen Teilung der ausgleichsberechtigte Partner nicht einseitig belastet werden. Die Vorgaben des BVerfG dürften die Durchführung einer externen Teilung in der Praxis extrem erschweren und in vielen Fällen verhindern. Nur Arbeitgeber, die bislang schon die interne Teilung vorsehen, sind vom BVerfG-Urteil nicht betroffen.
Bei einer Ehescheidung werden die ehezeitlich erworbenen Betriebsrenten grundsätzlich hälftig aufgeteilt. Grundlage dieser Aufteilung ist der vom Versorgungsträger ermittelte Ausgleichswert. Bei der Direktzusage basiert er regelmäßig auf der handelsbilanziellen Rückstellung für das zu teilende Anrecht, bei rückgedeckten Direktzusagen auf dem Deckungskapital der Rückdeckungsversicherung. Nach der gesetzlichen Grundregel erfolgt der Versorgungsausgleich der Betriebsrente intern beim Versorgungsträger. Damit wird dafür gesorgt, dass beide Eheleute nach der Teilung mit ihrem Anrecht an der gleichen Wertentwicklung teilhaben.
Bei Ausgleichswerten bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung kann der Arbeitgeber bei der Direktzusage bzw. die Unterstützungskasse anstelle der internen die externe Teilung wählen. Diese Teilungsform ist bei der überwiegenden Zahl der Arbeitgeber mit Direktzusagen bislang der Regelfall. Bei der externen Teilung wird für den ausgleichsberechtigten Ehepartner ein Anrecht bei einem anderen Versorgungsträger begründet (sog. Zielversorgungsträger wie die Versorgungsausgleichskasse) und der Ausgleichswert auf diesen übertragen. Nach der Übertragung folgt die Wertentwicklung des Anrechts des ausgleichsberechtigten Ehepartners der Performance des Zielversorgungsträgers. Aufgrund der langjährigen Niedrigzinsentwicklung führt die externe Teilung für die Ausgleichsberechtigten regelmäßig zu deutlichen Verlusten (sog. Transferverluste), da sie aus dem geteilten Anrecht regelmäßig erheblich geringere künftige Betriebsrentenleistungen erhalten als ihre ausgleichspflichtigen Ehepartner.
Familiengerichte müssten künftig darauf achten, dass Ausgleichsberechtigte, bei denen es sich vor allem um Frauen handelt, bei der Berechnung ihrer Ansprüche nicht systematisch benachteiligt würden, sagte Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Stephan Harbarth. „Einer solch einseitigen Belastung der ausgleichsberechtigten Person sind durch das Grundgesetz auch wegen der faktischen Benachteiligung von Frauen enge Grenzen gesetzt, die hier aus der überwiegend praktizierten Aufteilung von familienbezogenen und berufsbezogenen Tätigkeiten zwischen den Eheleuten resultiert“, heißt es in einer Erklärung des Gerichts. Der Ausgleichsberechtigte darf maximal 10 Prozent schlechter stehen als der geschiedene Partner, so der Richter. Hier stellt sich aus Sicht der Praxis jedoch die Frage, wie dieser Grenzwert zu ermitteln ist. Unterschiede zwischen den Versorgungsleistungen im Rahmen der externen Teilung resultieren nicht nur aus der unterschiedlichen Wertentwicklung der Anrechte, sondern regelmäßig auch aus unterschiedlichen biometrischen Faktoren (Alter und Geschlecht) der Ehegatten.
In der Praxis hat das zuständige Familiengericht künftig bei Überschreitung der 10 Prozent den Ausgleichswert zu erhöhen und dies dem Versorgungsträger mitzuteilen. Es wird in der Praxis zwar auch weiterhin betriebliche Versorgungsanrechte geben, die mit diesen Vorgaben extern geteilt werden können. Die Vorgaben dürften in den meisten Fällen bedeuten, dass eine bilanzneutrale externe Teilung nicht mehr möglich ist, da der Versorgungsträger des Ausgleichspflichtigen, im Falle der Direktzusage also der Arbeitgeber, einen deutlich höheren Ausgleichswert zahlen müsste, als er bislang in der HGB-Bilanz berücksichtigt hat. Dieser hat dann alternativ (nur) die Möglichkeit, statt der externen eine interne Teilung durchzuführen. Will der Arbeitgeber diese Einzelfallprüfung oder bilanzielle Mehrbelastungen vermeiden, müsste er grundsätzlich die interne Teilung vornehmen, allerdings mit der Konsequenz steigender Administration durch Aufnahme betriebsfremder Ausgleichsberechtigter. Auch hieraus ergeben sich regelmäßig wirtschaftliche Belastungen für den Versorgungsträger, da die dem Versorgungsträger von den Familiengerichten zugestandenen Teilungskosten in den meisten Fällen die tatsächlichen Teilungskosten bei weitem nicht decken. Es ist nun zu beobachten, wie die Familiengerichte mit den Vorgaben für die externe Teilung umgehen werden. Es steht aber zu befürchten, dass sich der administrative Aufwand und die Kosten für die Direktzusage und Unterstützungskasse weiter erhöhen werden. Für die Verbreitung der bAV in Deutschland sind das sicherlich keine guten Nachrichten.
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