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Agile Transformation

Agile Transformation

STEP BY STEP STATT BIG BANG

Um schneller und flexibler auf Märkte und Kunden reagieren zu können, wollen viele Unternehmen agiler werden. Klassische Hierarchien in Richtung Selbstorganisation zu transformieren, stellt jedoch eine große Herausforderung dar. Lurse konnte mehrere Unternehmen bei dieser Transformation und bei der Weiterentwicklung der personalpolitischen Steuerungsinstrumente begleiten. Dabei zeigte sich, dass es auf drei Instrumente besonders ankommt: auf die Funktionsstruktur und das zugrundeliegende Grading, auf die Vergütung und auf das Performance Management.

Die gute Nachricht lautet: Das Rad muss nicht neu erfunden werden“, sagt Dr. Stefan Fischer, Partner, Practice Lead People & Organization bei Lurse. Dies gelte zumindest für Unternehmen, die sich auf der Skala von Hierarchie zu Selbstorganisation zwischen Reifegrad 1 und 2 befinden (siehe Grafik), also zunächst einzelne Bereiche transformieren oder Teams in die Selbstorganisation überführen. Sie können ihre bestehenden HR-Instrumente adaptieren und weiterentwickeln. Wie die agile Transformation selbst, sollte auch die Anpassung dieser Instrumente ein iterativer Prozess sein. Es ist kein „Big Bang“ gefragt, sondern die typisch agile Vorgehensweise: Schritt für Schritt vom Prototyp über Test, Review und Anpassung zum nächsten Zyklus.

FUNKTIONSSTRUKTUR UND GRADING

Funktionsstruktur und Grading sind als Ordnungssystem der zentrale Ankerpunkt für fast alle weiteren HR-Instrumente. Im ersten Schritt gilt es also, diese Struktur zu überprüfen und anzupassen. Die Selbstorganisation erfordert neue Modelle der Zusammenarbeit, also auch neue Funktionen und Rollen. Ein gemeinsames Merkmal der neuen Modelle ist die Verteilung von Führungsaufgaben auf verschiedene Funktionen oder zusätzliche Rollen (beispielsweise Product Owner, Agile Coach und People Lead). Anders als oft vermutet, sind agile Funktionen und Rollen nicht fluide, sondern auf Dauer angelegt. Daher lassen sie sich wie klassische Funktionen beschreiben und mit bestehenden Grading-Systemen bewerten. Für das Verständnis und die Bewertung dieser Funktionen gilt „Soziogramm vor Organigramm“: Es geht um Klarheit und Verständnis der Abläufe und der tatsächlichen Zusammenarbeit sowie um die Skalierung über mehrere Teams hinweg. Als Vorbilder dienen in der Regel bekannte Zusammenarbeitsmodelle, wie etwa agile Skalierungsframeworks oder das Spotify-Modell. Ausgehend von diesen Blaupausen, lässt sich Schritt für Schritt das für die Organisation passende Modell entwickeln.

„Wichtig ist dabei die Sicht auf die neuen Führungsfunktionen, die keine disziplinarische Führung mehr beinhalten“, erklärt Marcel Schmid-Oertel, Senior Manager bei Lurse. „Mit summarischen Gradingverfahren, ob betrieblich oder tariflich, kann man dies deutlich besser abbilden als mit analytischen Systemen, da letztere die disziplinarische Führungsverantwortung stark gewichten.

 

VERGÜTUNG

Wer zu neuen Ufern aufbricht, braucht Orientierung und Benchmarks für die agilen Funktionen und Rollen. Auch hier gilt: Nur wer den organisationalen Kontext, also das Zusammenarbeitsmodell, durchblickt, kann valide Marktvergleiche durchführen und Ableitungen für die bestehenden Vergütungsniveaus treffen. „Die Vergütung sollte in jedem Fall erst mittelfristig neugestaltet werden und nicht schon, bevor das konkrete Zusammenarbeitsmodell, dessen Skalierung und die darin benötigten Funktionen geklärt sind“, so Schmid-Oertel. Für den Übergang bietet sich die Arbeit mit Besitzständen und Zulagen an. Das richtet den Fokus in der Einführungsphase auf die Etablierung der Ablauforganisation statt auf Gehaltsdiskussionen. Dabei sind variable Vergütungssysteme, die von individuellen Zielen abhängen, eher kontraproduktiv. Sie sollten ausgesetzt oder durch die Vereinbarung von Team- oder Organisationszielen ersetzt werden. Im Rahmen der Vergütungssteuerung ist zu klären, welche Funktionen oder Rollen die Aufgaben der bisherigen disziplinarischen Führungskraft übernehmen – und ob Prozesse daran angepasst werden müssen.

 

PERFORMANCE MANAGEMENT

In klassischen Organisationen sind die Leistungsbeurteilung und deren Auswirkungen auf Entwicklung und Vergütung geprägt durch die unmittelbare Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Auch ohne Agilisierung geht im Performance Management der Trend hin zu einer stärkeren Entwicklungsorientierung und zur Entkopplung von der Vergütung. Dieser Trend wird durch verteilte Führungsaufgaben und die wachsende Bedeutung des Teams noch verstärkt.
Im Rahmen der Transformation sollte überprüft werden, ob die Kriterien des Performance Managements auf das neue Zusammenarbeitsmodell einzahlen. Im agilen Umfeld sind nicht nur die Leistungen Einzelner von Bedeutung, sondern ebenso sehr das Zusammenspiel im Team und Beiträge zu dessen Erfolg. Ausprobieren, Feedbackschleifen und Reflexion sind wichtige Elemente bei der Anpassung des Performance-Management-Prozesses. Bewertungskriterien und Leitfragen müssen so gestaltet sein, dass sie zu den künftigen Strukturen und Verantwortlichkeiten passen. Wer im agilen Umfeld Entscheidungen trifft und Verantwortlichkeiten festlegt, wird innerhalb der verteilten Führungsaufgaben geklärt. Eventuell geschieht auch dies im Team. Fazit: Auch mit den vorhandenen HR-Instrumenten gelingt der Aufbruch in Richtung Selbstorganisation. Es kommt darauf an, den ersten Schritt zu wagen, sich auf den Weg zu machen. Wie man dabei vorankommt, das klärt sich unterwegs. Deshalb, so der Rat von Dr. Stefan Fischer: „Trauen Sie sich, agil zu werden!“

 


Dies ist ein Artikel aus dem Lurse Spotlight, Ausgabe 02/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie auch hier zum Download.

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