Flexibilisierung der Arbeitszeit
Lebensarbeitszeitkonten: Gestaltung, Erweiterung, Finanzierung
Lebensarbeitszeitkonten (LAZ) gewinnen als Benefits zunehmend an Bedeutung. Sie eröffnen den Beschäftigten die Möglichkeit, ihr Berufsleben flexibel zu planen und sich für eine bestimmte Zeit freistellen zu lassen, etwa vor Eintritt in den Ruhestand, und dies sowohl finanziell als auch sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Wie sich ein LAZ-Modell gestalten und je nach Bedarf ausbauen und finanzieren lässt, zeigt das Beispiel des Spezialchemiekonzerns ALTANA.
Das Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 2,7 Mrd. Euro bietet seinen mehr als 3.500 Beschäftigten in Deutschland seit 2010 ein Lebensarbeitszeitkonto an. Zunächst für Freistellungen kurz vor Renteneintritt gegründet, wurde es seither kontinuierlich weiterentwickelt. Das ALTANA-LAZ wird ausschließlich in Geld geführt. Seit seiner Einführung können Mitarbeitende des Konzerns Teile ihres monatlichen Brutto-Entgelts auf das Lebensarbeitszeitkonto einzahlen. Für tariflich Beschäftigte bringt der Arbeitgeber darüber hinaus jährlich einen im Tarifvertrag vereinbarten Demografiebeitrag in das Konto ein.
Ausbau des ALTANA Lebensarbeitszeitkontos und Rahmenbedingungen
Inzwischen hat ALTANA das LAZ-Modell um zusätzliche Komponenten erweitert: 2018 um Freistellungen für Eltern- und Pflegezeiten und 2021 auch um Sabbaticals.
Mit dem Angebot erweiterten sich auch die Rahmenbedingungen. Alle Mitarbeitende des Konzerns können Einzahlungen in Höhe von 25 Prozent ihres regelmäßigen Bruttojahresentgelts in die Wertkonten einbringen. Zusätzlich einfließen können Urlaubsansprüche oberhalb der gesetzlichen Mindestgrenze, Altersfreizeiten, freigegebene Auszahlungen und der tariflich vereinbarte Zukunftsbetrag. Der jährliche Demografiebeitrag des Arbeitgebers beläuft sich derzeit laut Chemietarifvertrag auf 750,00 Euro. Dazu zahlt der Arbeitgeber den Anteil zur Sozialversicherung, der auf den jeweiligen Umwandlungsbetrag entfällt, in die Konten ein.
Freistellungen für die neuen Komponenten sind nach mindestens drei Jahren Betriebszugehörigkeit möglich. Die Freistellung im Rahmen eines Sabbaticals kann für maximal drei bis zwölf Monate beantragt werden. Rentennahe Freistellungen sind auch über einen längeren Zeitraum möglich.
Finanzierung am Kapitalmarkt
Die angesparten Wertguthaben der Beschäftigten werden in risikooptimierten Investmentfonds angelegt, die von einem Kapitalanlageausschuss ausgewählt werden. Damit partizipieren Mitarbeitende an den Chancen des Kapitalmarkts.
Da das ALTANA-LAZ 2010 für rentennahe Freistellungen gedacht war, flossen die Wertguthaben ursprünglich in einen Aktienfonds mit einer Aktienquote von bis zu 50 Prozent. Die Erweiterung im Jahr 2018 machte ein neues Fondskonzept erforderlich, das für alle Freistellungsoptionen eine Aktienquote von 20 Prozent vorsieht. Seitdem erfolgen alle Einzahlungen ausschließlich in einen entsprechenden Aktienfonds. Die bestehenden Wertguthaben wurden ebenfalls in diesen Aktienfonds umgeschichtet. Einmalig bot ALTANA allen Mitarbeitenden die Möglichkeit, dieser Umschichtung zu widersprechen. Damit verblieben die jeweiligen Wertguthaben in dem ursprünglichen Aktienfonds und können von den Mitarbeitenden ausschließlich für rentennahe Freistellungen genutzt werden.
Digitale Administration
Mit der Lurse Plattform P·LIVE und den drei dazugehörigen Modulen – ein Arbeitnehmer- und ein Arbeitgeber-Portal sowie eine zentrale Datenbank – verwaltet ALTANA das LAZ vollständig automatisiert und digital.
Über einen Simulationsrechner im Portal können die Beschäftigten den benötigten Umwandlungsbetrag für eine Freistellung, deren Dauer und das Freistellungsentgelt ermitteln. Zudem können sie ihre Wertguthaben und Dokumente einsehen, ihre Fondsperformance beobachten und Fragen an die Administration richten.
Das Arbeitgeberportal bietet eine Übersicht über die Zusagen an alle Beschäftigten, einschließlich Stammdaten, Wertguthabenständen, Freistellungsplänen etc. HR-Mitarbeitende können Freistellungen und Störfälle einsehen, diese bearbeiten und abwickeln. Nötige Bescheide erstellt und versendet P·LIVE automatisch.
Ein Erfolgsmodell
Heute nutzen fast 30 Prozent der Belegschaft von ALTANA das LAZ, um Wertguthaben anzusparen. Mit dem Demografiebeitrag schafft der Konzern einen starken Anreiz für seine Beschäftigten, selbst aktiv zu werden. Nicht zuletzt durch die regelmäßige Modernisierung der LAZ-Rahmenbedingungen und der Lurse Plattform P·LIVE bietet ALTANA einen wegweisenden Benefit für heute und die Zukunft an.
Christian Dibowski
ist seit 2006 als Referent im Bereich Total Rewards der ALTANA AG tätig. Dort ist er u. a. Ansprechpartner für sämtliche Themen der betrieblichen Vorsorge.