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Pflegereform belastet Zahlstellen für Betriebsrenten

Pflegereform belastet Zahlstellen für Betriebsrenten

Pflegereform belastet Zahlstellen und Arbeitgeber mit zusätzlichem administrativem Aufwand – Das Wichtigste im Überblick

Der Entwurf eines Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)) vom 24.04.2023 (BT-Drs. 20/6544) ist in 1. Lesung am 27. April 2023 im Bundestag beraten und an den Gesundheitsausschuss überwiesen worden. Die neuen Beitragsregelungen des Gesetzentwurfs führen für Arbeitgeber und Zahlstellen zu enormen zusätzlichen Belastungen in der Verwaltung.

Zur Stärkung der Einnahmenseite der gesetzlichen Pflegeversicherung wird der Beitragssatz für Mitglieder ab 1. Juli 2023 deutlich steigen. Die Festlegung des Beitragssatzes orientiert sich dann an der Kinderzahl der Mitglieder, womit eine Forderung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. April 2022 umgesetzt wird. Der Beitragssatz für kinderlose Mitglieder liegt ab 1. Juli 2023 bei 4 %, für Eltern mit einem Kind bei 3,4 %. Heute liegt dieser bei 3,05 % für Mitglieder mit Kindern und bei 3,4 % für kinderlose Mitglieder. Ab zwei Kindern wird der Beitragssatz zukünftig während der typisierten Erziehungsphase bis Alter 25 um 0,25 Beitragspunkte je Kind bis zum fünften weiter abgesenkt. Wer fünf und mehr Kinder hat, zahlt 2,4 %.  Nach der jeweiligen typisierten Erziehungszeit entfällt der Abschlag wieder, eine weitere Differenzierung nach der Kinderzahl ist danach nicht mehr vorgesehen. Das bedeutet, Eltern zahlen nach der Vollendung des 25. Lebensjahres des jüngsten Kindes lebenslang oder bis zur nächsten Beitragserhöhung einen Beitrag von 3,4 %. Die Elterneigenschaft können neben Personen mit eigenen Kindern auch Personen besitzen, die ein Adoptivkind, ein Stiefkind oder ein Pflegekind haben. Der Arbeitgeberanteil des Pflegebeitrages erhöht sich durch die Anhebung der Beitragssätze und liegt in allen Fällen, d.h. auch bei Eltern mit einem oder mehreren Kindern, zukünftig bei 1,7 %.  Neu ist, dass spätere Beitragserhöhungen in der Pflegeversicherung unter bestimmten Voraussetzungen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats vorgenommen werden können. Bisher werden diese ausschließlich durch Gesetz festgesetzt. Der Beitrag in der sozialen Pflegeversicherung ist abhängig vom Einkommen: Der Beitragssatz wird jeweils auf die beitragspflichtigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben. Vom Beitragszuschlag für kinderlose Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung sind Personen ausgenommen, die vor dem 1. Januar 1940 geboren sind, ferner Mitglieder bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres sowie Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld nach dem SGB II (das seit dem 1. Januar 2023 das Arbeitslosengeld II ersetzt).

Beitragsmatrix für die Gesetzliche Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2023

MitgliederBeitragssatz vor 1.7.2023Beitragssatz
ab 1.7.2023
Arbeitgeberanteil ab 1.7.2023Arbeitnehmeranteil ab 1.7.2023
ohne Kinder3,4 %4,00 %1,7 %2,3 %
mit 1 Kind u. nach Erziehungszeit3,05 %3,40 %1,7 %1,7 %
mit 2 Kindern3,05 %3,15 %1,7 %1,45 %
mit 3 Kindern3,05 %2,90 %1,7 %1,2 %
mit 4 Kindern3,05 %2,65 %1,7 %0,95 %
mit 5 Kindern und mehr3,05 %2,4 %1,7 %0,70 %

Digitales Verfahren soll für Entlastung sorgen

Der Gesetzentwurf sieht zur Entlastung von Arbeitgebern und Zahlstellen bei der Datenerhebung sowie zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung die Entwicklung eines effizienten, schnellen und digitalen Verfahrens zur Erhebung und zum Nachweis der Kinderanzahl bis spätestens 1. Juli 2023 vor. Vier Ministerien sind in diese Aufgabe eingebunden, dazu gehören das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium des Inneren und für Heimat sowie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Empfehlungen darüber, welche Nachweise geeignet sind, zum Beispiel die Geburtsurkunde, stellt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen zusammen.

 

Übergangsfristen

Für vor dem 1. Juli 2023 geborene Kinder können die Nachweise bis zum 31. Dezember 2023 mit Wirkung vom 1. Juli 2023 erbracht werden. Können die Beitragsabschläge von den beitragsabführenden Stellen nicht zum 1. Juli 2023 umgesetzt werden, sind diese bis zum 31. Dezember 2024 zu erstatten. Diese Frist ermöglicht Versorgungsträgern und Arbeitgebern eine größere Zeitspanne und Luft bei der Umsetzung der Reform. Denn es stellt sich die Frage, wie sich Arbeitgeber und Zahlstellen rechtzeitig zum 1. Juli 2023 auf das neue Beitragssystem vorbereiten können. Insgesamt ist der Zeitrahmen sehr knapp kalkuliert.

Zusätzlicher Administrationsaufwand für Arbeitgeber und Zahlstellen für Betriebsrenten

Für die Umsetzung des neuen Beitragssystems in der Gesetzlichen Pflegeversicherung sind die Arbeitgeber für aktive Arbeitnehmer und die Zahlstellen für Betriebsrentner verantwortlich. Es ist ein Prozess für die gestaffelte Berechnung der Pflegebeiträge zu entwickeln. Das PUEG bringt einen großen bürokratischen Aufwand mit sich, der hohe Kosten verursacht und Mitarbeiterkapazität bindet.  Arbeitgeber und Zahlstellen müssen viele Millionen Daten für eine korrekte Berechnung der Pflegebeiträge aufbereiten.

 

Diese Aufgaben kommen im Rahmen der neuen Pflegematrix auf Zahlstellen und Arbeitgeber zu!

 

  • Erhebung des Elternnachweises (z. B. Geburtsurkunden, ggf. Adoptions-, Stief- oder Pflegeelternnachweis) für aktive Mitarbeiter und Betriebsrentner inklusive der Kinderzahl und des Kindesalters
  • Anpassung der Pflegebeitragsberechnungsverfahren
  • Neugestaltung der Administrationsprozesse und Entwicklung digitaler Schnittstellen zur zentralen Meldestelle

 

 

 

 

Autor: Dr. Carsten Schmidt, Manager / Aktuar (DAV IVS), Lurse

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