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Pension Buyout – Schuldbefreiende Übertragung der Pensionsverpflichtungen auf einen dritten Rechtsträger

Pension Buyout – Schuldbefreiende Übertragung der Pensionsverpflichtungen auf einen dritten Rechtsträger

In deutschen Unternehmen ist die betriebliche Altersversorgung (bAV) eine zentrale Sozialleistung mit langjähriger Tradition und hoher Wertschätzung. Mit einem Anteil von knapp 70 % (Quelle: Lurse bAV-Studie) stellt die Direktzusage den wichtigsten Durchführungsweg in der bAV dar. Sie hebt sich durch ihre finanzwirtschaftliche Effizienz und die große Gestaltungsflexibilität von den anderen vier Durchführungswegen ab. Der Arbeitgeber geht bei der Direktzusage eine ungewisse Verbindlichkeit ein, die in der Bilanz als Rückstellung auszuweisen ist. Aufgrund von Bilanzvolatilität (IFRS), biometrische Risiken (z.B. Langlebigkeit), Inflationsrisiken und negative Auswirkungen auf die Finanzkennziffern, werden die in den vergangenen Jahrzehnten angesammelten Pensionsverpflichtungen heute zunehmend kritisch gesehen. Insbesondere bei M&A-Aktivitäten und Umstrukturierungen gelten sie häufig als Hindernis. Vor diesem Hintergrund prüfen Unternehmen die Optimierung ihrer Pensionsverpflichtungen und planen De-Risking-Maßnahmen. Neben den tradierten Möglichkeiten, wie beispielsweise die Ausfinanzierung der Pensionsverpflichtungen über CTAs, Rückdeckungsversicherungen, Pensionsfonds und die Planneugestaltung gehört dazu auch der Pension Buyout. Anders als das CTA oder nicht versicherungsförmige Pensionsfonds ermöglicht dieser auch die Enthaftung von den Pensionsverbindlichkeiten. Bilanziell wird eine vollständige bzw. teilweise Ausbuchung der Verpflichtungen im Sinne eines „Settlements“ HGB / IFRS erreicht. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Diskussion und ermöglicht die damit einhergehenden Möglichkeiten abzuschätzen.

Befreiung von Pensionsverpflichtungen

Die schuldbefreiende Übertragung der Pensionsverpflichtungen von Rentnern und UVA sowie dem korrespondierenden Vermögen auf einen dritten Rechtsträger, die Rentnergesellschaft, bezeichnet man als Pension Buyout. Beim übertragenden Rechtsträger werden aus steuer- und handelsrechtlicher Sicht die gebildeten Verpflichtungen gewinnerhöhend aufgelöst, da keine ungewissen Verbindlichkeiten mehr bestehen. Die erforderliche Kapitalausstattung der Rentnergesellschaft stellt einen entsprechenden Aufwand dar. Die Rentnergesellschaft hat den ausschließlichen Zweck, die übertragenen geschuldeten Rentenzahlungen zu leisten, bis die letzte Verpflichtung erfüllt ist. Zudem verwaltet sie die Pensionsverpflichtungen und das erforderliche Kapital. Es können die Versorgungsverpflichtungen aller fünf Durchführungswege der bAV übertragen werden. Eine Zustimmung des Betriebsrates, der bereits ausgeschiedenen Versorgungsanwärter und Betriebsrentner sowie des Pensions-Sicherungs-Vereins (PSVaG) ist nicht erforderlich. Die Versorgungszusagen unterliegen weiterhin dem Schutz des PSVaG. Die erforderliche Kapitalausstattung einer Rentnergesellschaft wird von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom 11. März 2008 (3 AZR 358/06) abgeleitet und nachfolgend erläutert.  Darüber hinaus gilt gemäß § 133 des UmwG eine gesamtschuldnerische Haftung des abgebenden Unternehmens und der Rentnergesellschaft für die Rentenzahlungen der ersten 10 Jahre. Die Übertragung der Pensionsverpflichtung kann durch Abspaltung oder Ausgliederung auf Basis des § 123 des Umwandlungsgesetztes (nachfolgend: Abspaltung) oder im Rahmen eines Share Deals erfolgen.

Übertragung durch Abspaltung versus Share Deal

Bei einer Abspaltung der Verpflichtungen und des korrespondierenden Vermögens auf eine Rentnergesellschaft (RG) wird ein strukturierter Prozess durchgeführt. Zunächst erfolgt die Übertragung der Pensionsverpflichtungen und des dazugehörigen Vermögens auf die Rentnergesellschaft. Diese Übertragung wird im Rahmen der Abspaltung gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes (§ 123 Abs. 2 und 3 UmwG) durchgeführt. Die Finanzierung erfolgt i.d.R. durch bestehendes CTA-Vermögen und liquide Mittel. Im Anschluss daran werden die Geschäftsanteile an der Rentnergesellschaft an eine Pension Buyout-Plattform veräußert. Durch diesen Verkauf verlässt die Rentnergesellschaft den Konsolidierungskreis des übertragenden Unternehmens, und alle Pensionsverpflichtungen und -risiken gehen auf den Erwerber über. Nach dem Verkauf der Rentnergesellschaft wird die Geschäftsführung ausgetauscht, die Firmierung geändert und alle Hinweise auf den früheren Eigentümer gelöscht. Diese Schritte gewährleisten, dass die Rentnergesellschaft komplett unabhängig vom ursprünglichen Unternehmen operiert und keine Verbindungen mehr zu diesem bestehen.

Abbildung 1: Abspaltung der Pensionsverpflichtungen; Quelle: Lurse

Im Gegensatz dazu erfolgt bei einem Share Deal die Übertragung der Pensionsverpflichtungen durch den Verkauf der Anteile einer Gesellschaft, die Versorgungsschuldner ist, an eine Pension Buyout-Plattform. Hierbei ändert sich die Eigentümerstruktur der Gesellschaft, während die Verpflichtungen und das Vermögen innerhalb der Gesellschaft verbleiben. Eine Abspaltung ist nicht erforderlich, da die Rentnergesellschaft bereits besteht, zum Beispiel weil die Geschäftstätigkeit eingestellt oder das operative Geschäft per Abspaltung auf einen anderen Rechtsträger übertragen wurde. Der Share Deal unterliegt weder den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hinsichtlich der erforderlichen Kapitalausstattung noch einer gesamtschuldnerischen Haftung gemäß § 133 UmwG.

Abbildung 2: Veräußerung einer Rentnergesellschaft über den Share Deal; Quelle: Lurse

Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für die Ausgliederung von Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft

Mit seiner Entscheidung vom 11.03.2008 (3 AZR 358/06, DB 2008 S. 2369) hat das BAG die Schaffung von Rentnergesellschaften gebilligt und seine entsprechende Rechtsprechung fortgeführt. Hierzu gehört nach Auffassung des BAG insbesondere eine „angemessene“ finanzielle Ausstattung der Rentnergesellschaft. Andernfalls besteht auch nach Ende der 10jährigen Gesamtschuldnerischen Nachhaftung das Risiko von Schadensersatzansprüchen gegen das abgebende Unternehmen. Obwohl der BAG keine abschließende Antwort darauf gibt, was hierunter zu verstehen ist, hat er doch einige Vorgaben formuliert, die zu beachten sind. Im Einzelnen hat das BAG zu den drei Rechnungsparametern Langlebigkeit, Rechnungszins und Inflation Stellung genommen.

Langlebigkeit: Das BAG empfiehlt die Verwendung konservativer Annahmen, wie beispielsweise der Sterbetafel der Versicherungswirtschaft, um den Langlebigkeitsrisiken Rechnung zu tragen.

Rechnungszins: Der Rechnungszins sollte auf einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung basieren z.B. dem IFRS-Rechnungszins oder dem erwarteten Ertrag einer zugrundeliegenden Kapitalanlage.

Inflation: Das BAG gibt vor, dass die durchschnittliche Inflation der letzten 20 Jahre herangezogen werden muss, um eine realistische Einschätzung der Inflation zu gewährleisten.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nachgekommen ist, wenn die Kapitalausstattung der Rentnergesellschaft ausreicht, um mit hoher Wahrscheinlichkeit alle fälligen Versorgungsverpflichtungen einschließlich der erforderlichen Rentenanpassungen (Durchschnitt der letzten 20 Jahre) zu erfüllen.

Finanzierungsoptionen und Governance

Unternehmen können für die Finanzierung eines Pension Buyouts auf verschiedene Finanzierungsoptionen zurückgreifen. Eine Option ist die Verwendung ggf. bestehenden Treuhandvermögens aus einem unternehmenseigenen CTA oder Gruppen-CTA, während eine weitere Möglichkeit in der Nutzung vorhandener Liquidität des abgebenden Unternehmens liegt. Besteht eine Finanzierungslücke, kann diese beispielsweise durch ein Zahlungsversprechen des abgebenden Unternehmens an die Rentnergesellschaft in Form eines Darlehens geschlossen werden. So wurde beispielsweise im Jahr 2022 ein Pension Buyout mittels 60 % CTA-Vermögen und 40 % in Form eines Zahlungsversprechens (Darlehen der Rentnergesellschaft and das abgebenden Unternehmen) finanziert. Höhe, Laufzeit und Rückzahlungsmodalitäten dieses Darlehens sind frei verhandelbar und können flexibel auf die Bedürfnisse des abgebenden Unternehmens zugeschnitten werden. Eine solche maßgeschneiderte Finanzierungslösung ermöglicht es einerseits die erforderlichen Mittel flexibel bereitzustellen und andererseits die Auswirkungen auf die Liquidität in die Zukunft zu verschieben.

Um den Schutz der Versorgungsberechtigten sicherzustellen, werden in dem Spaltungsvertrag und dem SPA typischerweise umfassende Governance-Vorgaben verbindlich aufgenommen. Dazu gehören u.a. eine CTA-Treuhand, die die zweckgebundene Verwendung und die Insolvenzsicherheit des Treuvermögens sicherstellt. Häufig wird auch die Entnahme von Überschüssen aus der Rentnergesellschaft reglementiert und darüber hinaus ist es auch möglich, dass das abgebende Unternehmen einen Geschäftsanteil an der Rentnergesellschaft behält und damit Kontroll- und Entscheidungsbefugnisse (Golden Share). Eine weitere Möglichkeit besteht in der Kombination einer Rentnergesellschaft und eines Pensionsfonds, der der Versicherungsaufsicht und BaFin-Kontrolle unterliegt.

Fazit:

Durch die Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft, sei es durch Abspaltung oder Share Deal, können Unternehmen Ihre Pensionsrisiken und damit verbundene finanzielle Belastungen für UVA und Rentner ausgliedern und sich enthaften. Bilanziell wird eine Ausbuchung der Verpflichtungen im Sinne eines „Settlements“ erreicht. Der Pension Buyout ist mittlerweile eine etablierte Handlungsoption im Rahmen des De-Risking der betrieblichen Altersversorgung und findet insbesondere bei M&A-Transaktionen, Umstrukturierungen und Firmenliquidationen Anwendung. Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Urteil aus dem Jahr 2008 für die erforderliche Rechtssicherheit gesorgt und am Markt bildet sich zunehmend eine „Best Practice“ heraus.

Autor: Thomas Huth, Partner, Lurse

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