Löhne und Gehälter: Inflation bringt Unternehmen in Zugzwang
- Lurse Studie „Trends in Vergütung und HR 2022/23“: Deutsche Unternehmen rechnen für 2023 mit Lohnsteigerungen von durchschnittlich 3,9 %
- Die tatsächlich realisierten Gehaltserhöhungsbudgets für 2022 liegen in diesem Jahr mit durchschnittlich 3,5 % deutlich über den Werten der Vorjahre
Die aktuelle wirtschaftliche und politische Lage, der Fachkräftemangel und die hohe Inflation spiegeln sich auch in der Entgeltplanung deutscher Unternehmen wider. Die Ergebnisse der Studie „Trends in Vergütung und HR 2022/23“ der Unternehmensberatung Lurse zeigen: Die Erhöhungsbudgets für 2023 dürften über den 2022 realisierten Zuwächsen liegen und auch deutlich über den Durchschnittswerten der vorangegangenen Jahre.
Für die Studie wurden zwischen Mai und August dieses Jahres HR-Verantwortliche aus 244 deutschen Unternehmen zur Einkommensentwicklung 2022 und 2023 befragt. Lurse wertet die Daten sowohl übergreifend als auch branchenspezifisch und nach Firmengröße aus. Die Unternehmen stellen einen Querschnitt durch alle für Deutschland wesentlichen Branchen dar. Bei den meisten handelt es sich um große Mittelständler und Konzerne: 53 % von ihnen zählen mehr als 1.500 Beschäftigte, und 51 % erzielen einen Jahresumsatz von mehr als 500 Mio. Euro. Bei 56 % der teilnehmenden Unternehmen besteht eine Tarifbindung.
Erhöhungsbudgets steigen stärker als erwartet
„Über alle Mitarbeitergruppen hinweg planen die befragten Unternehmen, ihre Budgets für Löhne und Gehälter 2023 insgesamt um durchschnittlich 3,9 % zu erhöhen“, sagt Maximilian Evers, Partner bei Lurse. Das würde die im laufenden Jahr tatsächlich erreichte Steigerung von durchschnittlich 3,5 % noch übertreffen, und schon dieser Wert lag deutlich über den Erwartungen des Vorjahres. Eine Abfrage im Winter 2021 hatte noch ein geplantes Erhöhungsbudget von 2,8 % für 2022 ergeben.
Von den befragten Unternehmen haben 43 % die Gehälter ihrer Beschäftigten in diesem Jahr stärker erhöht als üblich. Dies geschah nicht nur, um die geringen Steigerungen aus den zurückliegenden Corona-Jahren auszugleichen. Nach Aussage von 23 % der Studienteilnehmenden gab die derzeit hohe Inflationsrate den Ausschlag dafür. Als weiteren Grund nannten sie den Druck auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere durch den anhaltenden Fachkräftemangel.
Etwas mehr als ein Drittel (37 %) der Studienteilnehmer will Löhne und Gehälter ungefähr im gleichen Maß anheben wie in den Vorjahren. Lediglich 5 % planen geringere Gehaltserhöhungsbudgets. Als Grund dafür wurde mitunter die eigene wirtschaftliche Lage angegeben.
Inflation – ein Treiber unter vielen
„Wir beobachten 2022 in Deutschland ein Phänomen, das wir aus Ländern mit hoher Inflation kennen“, so Evers. „Die Datenrückmeldungen über das ganze Jahr zeigen, dass sich Unternehmen mit ihren Budgets tendenziell an der dynamischen Marktentwicklung ausrichten. Angesichts der anhaltend hohen Teuerungsrate überprüfen sie ihre Vergütung mehrfach im Jahr und passen sie an die gesamtwirtschaftliche Lage an. Dabei ebnen insbesondere die Tarifabschlüsse den Weg zu weiteren Erhöhungen.“
Einen vollständigen Ausgleich der Inflationsrate planen derzeit jedoch nur wenige Unternehmen. Denn sie sehen sich selbst ebenso von den steigenden Preisen betroffen wie ihre Beschäftigten. So hat die Steigerung der Lebenshaltungskosten nur bei knapp einem Drittel der Unternehmen (31 %) direkten Einfluss auf die individuellen Gehaltserhöhungen. Dagegen orientieren sich 85 % an den Gehaltsentwicklungen am Markt. Für 80 % gibt die persönliche Leistung der jeweiligen Mitarbeitenden den Ausschlag und drei Viertel (75 %) der befragten Unternehmen nennen die eigene wirtschaftliche Situation als Einflussfaktor auf die Gehaltserhöhungen. Genau die Hälfte (50 %) gibt Tariferhöhungen weiter.
„In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage ist es eine Herausforderung, die knappen Mittel für die Erhöhungsbudgets gerecht zu verteilen“, sagt Maximilian Evers. „Als Lösung bieten sich differenzierte Verteilungsmechanismen an. Arbeitnehmende mit kleinen und mittleren Einkommen sollten adäquat entlastet, der AT-Bereich hingegen strukturell angepasst werden“.