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Digitale Administration eines Zeitwertkonten (ZWK)-Systems

Erwerbsbiographien verlaufen heute nicht mehr geradlinig, wie es früher einmal war. Zum heutigen Erwerbsleben gehören Unterbrechungen beispielsweise durch Sabbaticals, Elternzeit, aber auch der mehrfache Wechsel zwischen Vollzeit auf Teilzeit sowie Vorruhestandsregelungen. Neben dem Wunsch nach einer flexiblen Verbindung von Arbeits- und Familienleben besteht bei den Beschäftigten der Wunsch nach passenden Finanzierungslösungen.

Mit Zeitwertkonten (ZWK) können längere sozialversicherungsrechtlich geschützte Freistellungszeiträume finanziert werden. Sie bieten Mitarbeitern Flexibilität sowie eine Balance zwischen Berufs- und Privatleben. Arbeitnehmer können je nach Angebot des Arbeitgebers eine große Vielfalt von Vergütungs- und Arbeitszeitbestandteilen in die Zeitwertkonten einbringen. Das Ansparen kann durch die Einbringung von Geld bzw.Zeitkomponenten erfolgen.

Das Zeitwertkonto TUI Auszeit ist die Antwort von TUI auf die Flexibilisierung des Arbeitslebens. Es dient TUI seit seiner Einführung im Frühjahr 2019 als Instrument der Mitarbeiterbindung und zur Positionierung als innovativer, familienfreundlicher und attraktiver Arbeitgeber. Gleichzeitig ist es für die Unternehmensführung ein flexibles Personalsteuerungsinstrument. Der folgende Beitrag über das Zeitwertkontenmodell TUI Auszeit beruht auf dem Vortrag von Andreas Schillig, Leiter Pensionsmanagement bei TUI, auf dem Lurse Round Table BAV 4.0 im Februar 2022.

Rahmenbedingungen der TUI Auszeit

Das Zeitwertkonto (ZWK) TUI Auszeit wird ausschließlich in Geld geführt. Zeitelemente, wie z. B. Resturlaub, können nicht eingebracht werden. Mitarbeiter des TUI Konzerns und der dazugehörenden Gesellschaften haben die Option Vergütungsbestandteile aus den monatlichen Bruttobezügen sowie Sonderzahlungen wie Boni, Weihnachts- und Urlaubsgeld zur Finanzierung einer späteren Freistellung in das ZWK einzubringen. Die Einzahlung ist auf maximal 25% beim monatlichen Bruttoentgelt begrenzt. Auch der Arbeitgeber TUI kann freiwillige Beiträge beisteuern. Die angesparten Guthaben werden in einem risikooptimierten Investmentfonds von Fidelity angelegt, in dem gemäß den Vorgaben aus dem Sozialversicherungsgesetzbuch IV maximal 20% in Aktien allokiert wird.  TUI gewährleistet den Werterhalt des angesparten Kapitals zum Zeitpunkt der Freistellung.

Mit den angesparten Wertguthaben können flexible Freistellungen wie z. B. Elternzeit, Pflegezeit, Teilzeitarbeit und Sabbaticals sowie rentennahe Freistellungen unmittelbar vor Renteneintritt finanziert werden. Eine Auszeit ist frühestens 5 Jahre nach der ersten Einzahlung möglich und muss mindestens einen Monat umfassen.

Projektverlauf, Kooperationspartner und laufende Administration

Das ZWK-System gilt für den gesamten TUI Konzern und alle Tochtergesellschaften. Mit dem Betriebsrat wurde eine Konzernbetriebsvereinbarung abgeschlossen. Die Tochterunternehmen haben die Möglichkeit Zusatzvereinbarungen vorzunehmen. Die vollständige Implementierung der TUI Auszeit erfolgte über die Konzerngesellschaft TUI AG. Auf die Tochtergesellschaften entfiel lediglich die Organisation der Wertguthabenabsicherung über ein CTA (Treuhand) sowie die Steuerung der lokalen Mitarbeiterkommunikation. „Der administrative Aufwand bei den lokalen TUI Konzerngesellschaften ist äußerst gering“, berichtete Andreas Schillig, Leiter Pensionsmanagement bei TUI.

TUI entschied sich bei Projektstart für Fidelity als Kooperationspartner für die Entwicklung und Umsetzung der TUI Auszeit. Bei der Entscheidung für Fidelity spielten die folgenden Kriterien eine Rolle:

  • Form und Renditechancen der Kapitalanlage
  • Übernahme der Projektorganisation und des Projektmanagements
  • Unterstützung bei der Implementierung
  • Kommunikationswege
  • Zuordnung und Verfügbarkeit von Ansprechpartnern
  • Einbindung weiterer Dienstleister
  • Kosten

In die Projektentwicklung wurden von vorneherein die Abteilungen Group IT, Accounting/Bilanzen, Payroll, Tax und Kommunikation einbezogen. Bezüglich der voll automatisierten Administration des ZWK-Modells entschied TUI sich für Lurse mit der digitalen Verwaltungsplattform P·LIVE. „Über die Online-Portale erfolgt die gesamte ZWK-Administration nahezu komplett automatisiert“, sagte Andreas Schillig.

Die laufende Betreuung der TUI Auszeit wird über das Team des TUI Business Services gesteuert. Dazu gehört der direkte Kontakt zu teilnehmenden Mitarbeitern, Informationen zur Kapitalanlage und Depotführung, Unterstützung der teilnehmenden TUI Konzerngesellschaften, die laufende Administration, Payroll, Mitarbeiterkommunikation, Weiterentwicklung des Angebots und die interne Berichterstattung. Von Fidelity und Lurse stehen Relationship Manager zur unterstützenden Beratung zur Verfügung. Die teilnehmenden TUI Konzerngesellschaften entscheiden über Freistellungen und werden ansonsten über alle relevanten Tatbestände informiert.

Digitale Administration

Die komplette Administration des ZWK-Systems sowie die Steuerung der Prozesse erfolgen automatisiert über die digitale Plattform P·LIVE. Über Portale können Mitarbeiter, Arbeitgeber und alle beteiligten Akteure Eingaben und Steuerungen vornehmen. Der Datentransport erfolgt per Schnittstelle zum HR-Core-System. Die Datensicherheit ist über eine zentrale Datenbank mit einem Berechtigungskonzept gewährleistet.

Über das Mitarbeiterportal TUI Auszeit können die Beschäftigten ihren Kontostand einsehen, verwalten, Umwandlungen in Auftrag geben und Simulationsrechnungen für Freistellungen vornehmen. Das Portal bietet einen zuverlässigen Service rund um die Uhr für alle digitalen Endgeräte. Der Zugang zum Portal wird nach einer Teilnahmeerklärung des Mitarbeiters gewährt.

An das Administrationsportal TUI Auszeit Team sind die HR-Verwaltung sowie sämtliche eingebundenen Akteure wie das CTA und die Investmentbank über Schnittstellen angebunden, um ihre Geschäftsvorfälle zu bearbeiten. Sämtliche Prozesse und Daten werden auf einer zentralen Datenbank gespeichert und historisiert. Beispielsweise werden folgende ZWK-Geschäftsvorfälle vom HR-Team über P·LIVE gesteuert:

  • reguläre Einbringung und Entnahme (Freistellung)
  • konzerninterner Organisationswechsel
  • die Störfall-Bearbeitung bei Ausscheiden des Mitarbeiters
  • Personalstammdaten
  • Reporting gemäß Vergabe von Zugriffsrechten.

Der Datenaustausch zwischen dem HR-System SAP Paradis und der Plattform P·LIVE findet über eine interne, von SAP geschaltete, Prozessorganisation statt. Diese sorgt für einen sicheren Transport der Daten. Alle internen und externen Systeme kommunizieren über SSL. Aus Datenschutzgründen erfolgt die Kommunikation mit P·LIVE über Zertifikate und Passworte. Alle Dateien werden zusätzlich verschlüsselt.

Zwischen dem HR-System SAP Paradis und der Plattform P·LIVE kommt es zu einem regelmäßigen Datenaustausch. TUI übermittelt täglich die mitarbeiterspezifischen Stammdatenänderungen in SAP an P·LIVE. Vor der Gehaltsabrechnung erhält TUI die Umwandlungsdaten der teilnehmenden Mitarbeiter und übermittelt nach dem Abrechnungslauf die aktualisierten Gehaltsdaten. Einmal im Monat bekommt TUI Informationen für die Störfall- und Freistellungsauszahlungen. Alle Daten werden an festgelegten Terminen ausgetauscht.


Autorin des Rückblicks

Utta Kuckertz-Wockel